3
Resultate
3.1
Patientenkollektiv
Im
Zeitraum von 1994 bis 2002 wurden insgesamt 208
Resektions-Suspensions-Interpositionsarthroplastiken nach Epping (Epping
et al. 1983) in modifizierter Form an 175 Patienten wegen schmerzhafter
Daumensattelgelenksarthrose (Rhizarthrose) durchgeführt. Das
Studienkollektiv besteht aus 151 Frauen (181 RSI) und 24 Männern (27 RSI),
die in identischer Technik operiert worden sind. Das mittlere Alter
betrug zum Zeitpunkt der Operation 59 Jahre (40-91). Die
Nachuntersuchung fand im Mittel 43 Monate (2-101) nach der Operation
statt.
Der
Eingriff wurde in 55% der Fälle an der dominanten Hand und bei 45% der
Patienten an der nicht-dominanten Seite vorgenommen. Bis zur
Erstvorstellung in der handchirurgischen Sprechstunde litten die
Patienten im Mittel 37 Monate (1-240) an einer symptomatischen
DSG-Arthrose, die auf verschiedene conservative Therapieversuche (NSAID,
Physiotherapie, Orthesen, Injektionstherapie) nicht mehr ausreichend
reagierte. Die Operationsindikation war 202 Mal eine idiopathische
DSG-Arthrose und 6 Mal eine ätiologisch geklärte DSG-Arthrose. 47% der
Patienten waren zum Zeitpunkt der Operation in einem Arbeitsverhältnis.
Deren Altersmittelwert beträgt 54 Jahre (41-63).
3.2
Schmerz
3.2.1 Schmerzintensität prä- und postoperativ ohne und mit Belastung
Ohne
jegliche Belastung des DSG konnte bei den Patienten retrospektiv anhand
einer visuellen Analogskala (VAS; 0=schmerzfrei; 100=unerträglicher
Schmerz) ein präoperativer Schmerzwert im Mittel von 71 erfragt werden.
Unter Belastung des DSG gaben die Patienten im Mittel eine präoperative
Schmerzintensität von 88 Punkten an. Postoperativ konnte zum Zeitpunkt
der Befragung ein Wert von 25 Punkten ohne Belastung und von 37 Punkten
im Mittel unter Belastung angegeben werden. Das entspricht einer
Schmerzreduktion von 71 auf 25 Punkten ohne Belastung
und
von 88
auf 37 Punkten unter Belastung.
3.2.2 Schmerzverlauf
Der
postoperative Schmerzverlauf wurde ebenfalls retrospektiv ermittelt.
Erfragt wurde die Schmerzintensität einen Monat, sechs Monate und ein
Jahr postoperativ. Nach einem Monat hatten die Patienten
durchschnittlich einen Schmerzwert von 46 Punkten, der sich nach sechs
Monaten auf 26 Punkte reduzierte. Ein Jahr postoperativ wurde im Mittel
ein Wert von 10 Punkten angegeben.
3.2.3 Schmerzfreiheit postoperativ
Die
Ergebnisse der Befragung, nach wie vielen Monaten die Patienten
schmerzfrei waren, zeigten, dass die Patienten im Mittel nach 6,3
Monaten keine Schmerzen mehr hatten.
3.2.4 Postoperative Schmerzsituation
Die
aktuelle Schmerzsituation der Patienten zum Zeitpunkt der Befragung
wurde anhand der
Alnot
und
Saint
Laurent-Klassifikation
beurteilt. Schmerzfreiheit oder dass nur bestimmte Aktivitäten
schmerzhaft waren, gaben insgesamt 80% der Befragten an. Ständigen oder
nahezu konstanten Schmerz hatten hingegen nur 3%.
3.2.5 Dauer der Schmerzen
Die
Dauer der auftretenden Schmerzen wurde ebenfalls erfragt. Bei 38% der
Patienten entsprach die Schmerzdauer der Belastungsdauer. Ständige oder
nahezu konstante Schmerzen verspürten 7% der Patienten.
3.2.6 Schmerzprofil
Die
Erstellung des Schmerzprofils zeigte, dass „starke Belastung“ mit 71%
der häufigste Grund für die postoperative Schmerzentstehung darstellt.
Starken Einfluss auf die Schmerzsituation der Patienten hatten außerdem
„Wetterwechsel“ mit 56% und „Missempfindung der Narbe“ mit 38%. 16%
bereitete „schwache Belastung“ Schmerzen. Mehrfachnennungen waren hier
möglich.
3.3
Narbe und Sensibilität
Hier
werden die gemessenen Parameter zur Lage der Narbe und damit des
operativen Zugangs dargestellt. Des weiteren sollen hier die Ergebnisse
der Untersuchung zur Sensibilität der Narbe und ihrer Umgebung gezeigt
werden.
3.3.1 Lage der Narbe
Die
gemessene Distanz vom Hautübergang (behaarte zu unbehaarter Haut) zum
proximalen Pol der distalen Narbe betrug im Mittel 2,56 cm (0-4,2 cm).
(A)
Die
Distanz vom Hautübergang zum distalen Pol der distalen Narbe betrug im
Mittel 1,29 cm (0,2-3,4 cm). (B)
Für
die mittlere Länge der distalen Narbe wurden 3,93 cm (2,5-7,5 cm)
berechnet. (C)
Der
Wendepunkt der proximalen Narbe zum Schnittpunkt des M. FCR und der
distalen Handgelenksfalte betrug im Mittel 4,26 cm (2,0-9,0 cm). (D)
Im
Mittel betrug die untersuchte Distanz vom proximalen Pol der distalen
Narbe zum Schnittpunkt des M. FCR und der distalen Handgelenksfalte 0,64
cm (0,0-3,2 cm). (E)
3.3.2 Schmerzhafte Missempfindungen direkt im Narbenbereich
Über
schmerzhafte Missempfindungen direkt im Narbenbereich klagten während
der Nachuntersuchung 8,2% der Patienten.
3.4
Kraft
3.4.1 Präoperative Kraftmessung
Die
präoperativen Kraftmessungen an der operierten Hand im Grobgriff und im
Seitgriff ergaben für die unilaterale DSG-Arthrose im Grobgriff 66% und
im Seitgriff 72% der nicht operierten Gegenseite.
3.4.2 Postoperative Kraftmessung
Die
objektiven Kraftmessungen der Nachuntersuchung haben gezeigt, dass die
Kraft bei unilateraler Erkrankung postoperativ im Grobgriff 98%, im
Spitzgriff 89%, im Seitgriff 83% und im Dreifingergriff 82% des Wertes
der nicht operierten Gegenseite entspricht. Im Grobgriff konnten die
Patienten im Vergleich zu den anderen untersuchten Grifftechniken die
besten Werte in Bezug auf die gesunde Gegenseite erzielen.
3.4.3 Kraftzuwachs postoperativ
3.4.3.1 Kraftzuwachs in Bezug zur nicht operierten Gegenseite
Der
Vergleich der präoperativen und postoperativen Kraftwerte
zeigte
einen Kraftzuwachs von 32% im Grobgriff (von 66% auf 98% der Gegenseite)
und im Seitgriff einen Zuwachs von 17% (von 72% auf 83% der Gegenseite).
3.4.3.2 Kraftzuwachs der operierten Hand
Präoperativ wurden Kraftwerte der operierten Hand im Grobgriff im Mittel
von 0,43 bar gemessen. Postoperativ stiegen diese Werte auf 0,49 bar im
Mittel an. Im Seitgriff betrug der mittlere präoperative Wert 4,78 kg
und postoperativ im Mittel 6,12 kg. Für die operierte Hand konnte damit
ein Kraftzuwachs von 22,3% im Grobgriff und von 28,0% im Seitgriff
festgestellt werden.
3.5
Beweglichkeit
3.5.1 Radialabduktion und Palmarabduktion
Das
postoperative Bewegungsausmaß des DSG der operierten Hand zum Zeitpunkt
der Nachuntersuchung betrug in der Radialabduktion im Mittel 45 Grad.
Für die Palmarabdukion wurde ein durchschnittlicher Wert 42 Grad
gemessen.
3.5.2 Oppositionsmanöver
Bei
der komplexen Oppositionsbewegung, die auch durch die Beweglichkeit im
Grundgelenk beeinflusst wird, erreichten postoperativ 91% der Patienten
das Grundglied des Kleinfingers mit der Daumenkuppe und erzielten damit
ein sehr gutes Ergebnis. Ein gutes Ergebnis mit Erreichen des
Kleinfingermittelgliedes durch die Oppositionsbewegung konnte bei 7% der
Patienten beobachtet werden. Mit befriedigend wurde 1% bewertet und 1%
hatte eine deutliche Oppositionsschwäche.
3.5.3 Retropositionsbewegung
Gemäß
der beschriebenen Kriterien zur Beurteilung der Retropositionsbewegung
konnte das postoperative Ergebnis bei 3% der operierten Hände mit sehr
gut bewertet werden, weil sie den Zeigefinger der ulnarkantig
danebengestellten Gegenhand erreichten. 33% des nachuntersuchten
Kollektivs waren zu einer guten Retropositionsbewegung fähig; ein
befriedigendes Resultat erzielte die Operation bei 45% der Untersuchten.
Das Erreichen des Ringfingers der Gegenhand war 19% der Patienten nicht
möglich, weshalb das Ergebnis als schwach gewertet warden musste.
3.5.4 Retropositionsbewegung in cm
Im
Mittel konnten die untersuchten Patienten postoperativ den Daumen bei
der Retropositionsbewegung 2,6 cm (0,0-7,0 cm) von der Tischplatte
anheben.
3.5.5 Handspanne
Im
Mittel beträgt die Handspanne der operierten Hand postoperativ 95% im
Vergleich zur gesunden Gegenseite.
3.6
Neurologische Befunde
3.6.1 Hoffmann-Tinelsches Klopfzeichen
Während der Nachuntersuchung konnte bei 5 (5,1%) der Patienten ein
positives
Hoffmann-Tinelsches
Klopfzeichen an der operierten Seite beobachtet werden.
3.6.2 Phalen-Test
Ein
positiver
Phalen-Test
zur Nachuntersuchung wurde bei 2 Patienten (2,1%) an der operierten Hand
festgestellt.
3.6.3 Zwei-Punkte-Diskriminierung
Bei 2
Patienten (2,1%) war die Zwei-Punkte-Diskriminierung des ersten Strahls
gestört.
3.6.4 Nebendiagnose Karpaltunnelsyndrom (KTS)
Die
Auswertung der Patientenakten ergab, dass bei 12,8% der operierten
Patienten ein bereits operiertes KTS vorlag.
Aus
den Patientenakten ging ebenfalls hervor, dass weitere 23% der Patienten
präoperative Anzeichen für das Vorliegen eines KTS hatten.
3.7
Funktionalität
Hier
werden die Ergebnisse bezüglich der Funktionalität bei Handlungen des
täglichen Lebens dargestellt. Neben der Frage, ob der Patient die
jeweilige Alltagshandlung mit der operierten Hand ausführen kann, wurde
in einer Unterfrage stets nach Schmerzhaftigkeit während der Bewegung
gefragt.
3.7.1 Schloss mit einem Schlüssel öffnen
Die
Frage, ob die Patienten ein Schloss, den Schlüssel auf die übliche Weise
zwischen Daumen und Zeigefinger haltend, aufschließen konnten,
beantworteten die Patienten wie folgt:
90%
der Patienten konnten ein Schloss auf die übliche Weise mit einem
Schlüssel öffnen. 3% der Patienten gaben an, dazu nicht in der Lage zu
sein.
17%
der Befragten hatten bei dieser Tätigkeit Schmerzen.
3.7.2 Einen Brief schreiben
Des
Weiteren wurde erfragt, ob die Patienten, unabhängig von Rechts- oder
Linkshändigkeit, in der Lage waren, einen Brief der Länge einer DIN A4
Seite mit der operierten Hand zu schreiben.
80%
der operierten Patienten konnten einen Brief der Länge einer DIN A4
Seite schreiben. 20% waren dazu nicht fähig.
26%
der Patienten empfanden diese Tätigkeit als schmerzhaft.
3.7.3 Eine Flasche öffnen
Außerdem sollten die Patienten angeben, ob sie eine handelsübliche
Flasche mit Drehverschluss unter Mitbenutzung des Daumens öffnen können.
65%
der Patienten waren dazu imstande, 35% nicht.
33%
der Operierten hatten hierbei Schmerzen.
3.7.4 Eine gefüllte Kaffeetasse halten
Die
Frage ob sie eine gefüllte Kaffee- oder Teetasse auf die übliche Weise
halten könnten, beantworteten 88% mit ja, 12% mit nein.
17%
empfanden diese Alltagstätigkeit als schmerzauslösend.
3.7.5 Tragen einer ca. 5 kg schweren Einkaufstasche
Die
Frage nach der Fähigkeit, eine gefüllte Einkaufstasche (ca. 5 kg) tragen
zu können, wurde von 80% bejaht, von 20% verneint.
30%
der befragten Patienten hatten bei dieser Tätigkeit Schmerzen.
3.8
Patienten im Arbeitsverhältnis
Aufgrund der wichtigen Funktionalität der Hand im Berufsleben wurden die
Patienten in einem Arbeitsverhältnis noch einmal gesondert betrachtet;
sie hatten gezielte Fragen zu beantworten.
3.8.1 Patientenkollektiv
Von
den 175 an der Studie teilnehmenden Patienten standen zum Zeitpunkt der
Datenerhebung 46 (26%) Patienten im Berufsleben. An den 46 Patienten
wurden 60 FCR-Plastiken durchgeführt.
3.8.2 Präoperative Beeinträchtigung der Berufstätigkeit
Die 46
Berufstätigen, an denen 60 Operationen durchgeführt wurden, wurden
gefragt, ob die Erkrankung des DSG (DSG-Arthrose) ihre Berufstätigkeit
vor der Operation beeinträchtigte.
In 55
Fällen (93%) wurde die DSG-Arthrose als Beeinträchtigung bei der
Berufstätigkeit gewertet.
3.8.3 Postoperative Beeinträchtigung der Berufstätigkeit
Die
Frage, ob die durchgeführte Operation am DSG den beruflich
beeinträchtigten Patienten dazu verhelfen konnte, wieder verbessert zu
arbeiten, wurde wie folgt beantwortet:
In 39
(78%) Fällen, bei denen die DSG-Arthrose zu einer beruflichen
Beeinträchtigung führte, konnte die Operation die Berufstätigkeit
erleichtern.
3.8.4 Änderung der beruflichen Tätigkeit
Eine
Änderung der beruflichen Tätigkeit war in 6 Fällen (13,3%) nötig. Bei 39
(86,7%) Eingriffen musste keine Änderung der Tätigkeiten im Beruf
vorgenommen werden.
3.8.5 Berufe der Berufstätigen
Folgende Berufe wurden von den Patienten ausgeübt: Altenpflegerin,
Angestelte im Schreibdienst, Arzthelferin, Bankangestellte,
Einkaufsleiter, Feuerwehrmann, Friseurin, Gärtner/Florist,
Hausmeisterin, Hühnerzüchter, Justizbeamtin, Löterin, Kassiererin,
Krankengymnastin, Krankenpflegerin, Krankenschwester, Sportlehrer,
Maler, Betonsanierer, Malerin/ Zeichnerin, Sekretärin,
Textilverkäuferin.
3.9
Hausfrauen/-männer
83,5%
der Patienten, die auch oder ausschließlich Tätigkeiten als
Hausfrau/-mann ausübten, konnten diese nach der Operation wieder besser
ausführen.
3.10 Komplikationen
3.10.1 Intraoperative Komplikationen
Zu den
intraoperativen Komplikationen zählen das Nachbetäuben durch den
Operateur und Komplikationen bei der Präparation der FCR-Sehne. Zu den
Komplikationen bei der Sehnenpräparation gehören das Abreißen des distal
gestielten Sehnenzügels und das Abreißen des Beugesehnenrestes.
Ebenfalls wurde dokumentiert, in wie vielen Fällen Kirschner-Drähte zur
Fixation des abgerissenen distal gestielten Sehnenzügels benutzt wurden.
3.10.1.1 Nachbetäubung durch den Operateur
In
6,7% der Operationen musste der Operateur den Patienten lokal
nachbetäuben.
Dies
geschah immer durch einen Medianusblock.
3.10.1.2 Komplikationen bei der Präparation der Sehne
Im
Operationsbericht wurde bei insgesamt 5,1% der operierten Patienten eine
Komplikation bei der Präparation der FCR-Sehne dokumentiert.
Bei
3,1% der Patienten riss der distal gestielte Sehnenzügel bei der
Präparation ab; in 2,0% der Fälle trat ein Abreißen des
Beugesehnenrestes auf.
3.10.1.3 Kirschner-Draht-Fixation
Eine
temporäre Kirschner-Draht-Fixation des abgerissenen distal gestielten
Sehnenzügels war in 1,5% der Operationen notwendig.
3.10.2 Postoperative Komplikationen
Zu den
postoperativen Komplikationen zählen der postoperative Frühinfekt
(innerhalb von 10 Tagen) und der postoperative Spätinfekt.
Ein
Patient (0,5%) entwickelte einen Frühinfekt und ein weiterer Patient
(0,5%) einen postoperativen Spätinfekt.
3.11 Subjektive Beurteilung
3.11.1 Gesamtergebnis
Das
Operationsergebnis wurde von den operierten Patienten mit 85% als sehr
gut oder gut bewertet. Als befriedigend werteten 8,7% das OP-Ergebnis.
Dagegen wurde das Gesamtergebnis von 6,4% als schlecht beurteilt.
3.11.2 Schlüsselfrage
86,2%
der Patienten würden sich bei gleicher Symptomatik an der anderen Hand
erneut für die RSI entscheiden.
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